Publikation erschienen: Das Hessische Stromnetz der Zukunft – Stabilität durch Flexibilität
In allgemeinverständlicher Form sind die Ergebnisse der gemeinsamen Veranstaltung der Landesenergieagentur (LEA) und des House of Energy (HoE) zusammengefasst. Unter dem Motto „Stabilität durch Flexibilität – Das Hessische Stromnetz der Zukunft“diskutierten Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis über die Herausforderungen, die sich aus der Energiewende für die Stromnetze ergeben, und darüber, welche Lösungen bereitstehen und welche Potentiale gegeben sind.
Informationen zur Veranstaltung
Die Tagung hat mit ihren interessanten Vorträgen und Workshops gezeigt, dass sich die Entwicklung auf einem guten Weg befindet und geeignete Lösungen zum Betrieb der Verteilnetze unter den Rahmenbedingungen der fortschreitenden Energiewende bereitgestellt werden können. Wissenschaft, Praxis und Politik stehen hierzu miteinander im Dialog. Der rechtliche Rahmen muss sich in
den nächsten Jahren weiterentwickeln, wie die Ergebnisse der Verteilnetzstudie Hessen 2024-2034 in Kombination mit den Erfahrungen aus aktuellen Modellprojekten und dem Engagement der Netzbetreiber zeigt. Damit gibt man den Akteuren die Chance, die Verteilnetze derart zu ertüchtigen, dass sie auch in Zukunft den Anforderungen der Energiewende genügen. Stichpunkte sind hier die dezentrale Energieerzeugung auf Basis witterungsabhängig einspeisender erneuerbarer Energien sowie die Erhöhung der elektrischen Lastanforderungen durch Elektromobilität und EDV im Zuge der Digitalisierung, etc. Bei der Tagung wurde deutlich, dass die Energiewende einen gesamtgesellschaftlichen Transformationsprozess darstellt, der die Einbindung der unterschiedlichsten Akteure voraussetzt.
Eine Auswahl der Erkenntnisse:
- Verteilnetze spielen eine Schlüsselrolle für die Erreichung der energiepolitischen Ziele.
- Zukünftig werden die Anforderungen an die Verteilnetze steigen. Hierfür gilt es, neue Lösungen zu entwickeln.
- Die Zunahme von Anwendungen der Sektorenkopplung, wie E-Mobilität oder elektrische Wärmepumpen, werden dazu führen, dass der Stromverbrauch in Hessen insgesamt steigt – mit regionalen Unterschieden. Zudem wird der Anteil schwankender Einspeisung von erneuerbaren Energien steigen.
- Die Netzausbauplanung muss auf eine in die Zukunft ausgerichtete, strategische Planung umgestellt werden, um mehrere Ausbauschritte zu vermeiden. Dazu ist der Dialog aller Beteiligten erforderlich.
- Der Netzausbau kann wirtschaftlich weiter optimiert werden, wenn zusätzlich zu den konventionellen Mitteln auch neuere, flexible Technologien oder Planungsansätze eingesetzt werden, die vermehrt die Möglichkeiten eines dynamischen Betriebs der Netze berücksichtigen.
- Die Erschließung der Flexibilitätspotenziale bzw. der Potenziale für ein netzdienliches Verhalten der Prosumer wird eine wichtige Aufgabe sein, um Netzausbaukosten einzusparen.
- Bei der Erschließung der Flexibilitätspotenziale spielt die Digitalisierung der Prozesse und Aufgaben eine wesentliche Rolle. Die Digitalisierung ermöglicht eine intelligente Verknüpfung und Koordination der dezentralen Energieanlagen.
- Bei der Architektur der neuen digitalen Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen ist darauf zu achten, dass das System robust und resilient gegenüber Störungen von außen ist. Dann kann die Ausfallsicherheit insgesamt verbessert werden.
- Regionale Flexibilitätsmärkte könnten ökonomische Anreize zur Optimierung der Netzauslastung bieten. Dazu werden aktuell im Rahmen des Projektes C/sells Konzepte entwickelt und im Reallabor untersucht und erprobt.
- Virtuelle Kraftwerke können hilfreich sein, um die Anteile ökologisch erzeugten Stroms in den Vertriebsportfolien örtlicher Versorger zu erhöhen.
- Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Netzbetrieb müssen so angepasst werden, dass eine flexible Reaktion von Erzeugern und Verbrauchern auf die Auslastung des Verteilnetzes ermöglicht wird.
- Eine intelligente Steuerung der Netze ist nur mit guten Informationen über aktuelle und zukünftige Netzbelastungen möglich. Der Datenschutz muss hier gesondert geregelt werden.
- Sowohl kleine und mittlere Unternehmen als auch private Haushalte bergen hohe Potenziale für die Flexibilisierung des Energieverbrauchs. Nicht nur Kühlhäuser und Druckluftspeicher, sondern auch Kühlschränke und Wärmepumpen bieten Möglichkeiten zur zeitlichen Steuerung der Nachfrage.
- Stromtarife und Netzentgelte müssen angepasst werden, um Geschäftsmodelle im Flexibilitätsmarkt zu ermöglichen. Die Preisunterschiede zwischen Hoch- und Niedrigpreisphasen müssen allerdings deutlich sein, damit Netznutzer zur Verbrauchsanpassung animiert werden.
- Zwischenspeicherung und flexible Eigenstromversorgung sind leichter realisierbar als eine Lastanpassung, da damit nicht in den Prozessablauf bei Unternehmen eingegriffen wird.
- Reallabore und Pilotprojekte bilden eine wichtige Grundlage, um neue Verfahren und Geschäftsmodelle zu entwickeln.
- Nutzer des Netzes, die sowohl als Erzeuger als auch als Verbraucher auftreten (Prosumer), werden eine zunehmend größere Bedeutung spielen. Ob privat oder gewerblich – es gilt sinnvolle Lösungen zu finden, damit diese Gruppe durch flexibles agieren die Netzstabilität verbessern kann.
- Quartierbezogene Lösungen bieten besondere Chancen im Bereich der Sektorenkopplung (z. B. Umwandlung von Strom in Wärme oder in Mobilität).
- Der Ausbau der Elektromobilität führt zu neuen Herausforderungen an die Verteilnetze, da an vielen Hausanschlüssen kurzzeitig hohe Ladeleistungen auftreten werden.
- Es braucht eine bessere Kommunikation zwischen allen Akteuren, um die Wünsche der Netzbetreiber und die Anforderungen der Verbraucher besser miteinander in Einklang zu bringen.
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